Absicherung von Nutzungsrechten für PV-Anlagen
In diesem Artikel erläutern wir, weshalb Eigentümer und Betreiber von Photovoltaikanlagen ihr schuldrechtliches Nutzungsrecht dinglich mittels Eintragung einer Dienstbarkeit ins Grundbuch absichern sollten und in welchen Fällen hiervon abgesehen werden kann.
Einführung
Wer auf fremden Grundstücken (Freiflächen oder Dachflächen) eine Photovoltaikanlage („PV-Anlage“) betreiben möchte, benötigt hierfür zunächst ein Nutzungsrecht. Hierfür kann man mit dem Grundstückseigentümer einen - üblicherweise zeitlich auf 20 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption befristeten - Gestattungsvertrag abschließen. Aber reicht das aus?
Ist das Nutzungsrecht aus einem Mietvertrag sicher?
Nein, der bloße Abschluss eines Gestattungsvertrages über Aufdach- oder Freiflächen zum Zweck der Errichtung, und des Betriebs einer PV-Anlage, bei dem es sich in der Regel um einen Grundstücksmietvertrag in der Form der Gewerbemiete handelt (BGH, Urteil vom 7.3.2018 – XII ZR 129/16) genügt grundsätzlich nicht, um das Nutzungsrecht hinreichend abzusichern.
Zwar gehen bei einem Grundstücksverkauf die bestehenden Miet- und Pachtverträge nach § 566 BGB auf den Erwerber über.
Auch ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb des Grundstücks durch einen Erwerber, der keine Kenntnis von dem abgeschlossenen Mietvertrag hat, scheidet aus. Ein solcher würde das Vorliegen eines Rechtsscheins im Sinne von § 891 BGB durch eine formelle Eintragung im Grundbuch voraussetzen, die materiell jedoch nicht gegeben ist. Die wäre beispielsweise gegeben, wenn der Veräußerer formell aufgrund des Grundbuchs als Berechtigter erscheint, materiell jedoch weder Eigentümer noch Verfügungsberechtigter ist. Da ein Mietvertrag nicht in das Grundbuch eingetragen wird, kann sich hieraus auch kein Rechtsschein ergeben, auf den sich ein gutgläubiger Erwerber berufen könnte. Damit hat der Mietvertrag im Falle einer freihändigen Veräußerung zunächst Bestand.
Anders sieht dies jedoch bei Grundstücksveräußerungen aus, die im Wege der Zwangsversteigerung oder aus der Insolvenz heraus erfolgen.
Bei einer Zwangsversteigerung gehen bestehende Mietverträge nach § 57 ZVG in Verbindung mit §§ 578 Abs. 1, 566 BGB zwar gleichsam auf den der Ersteher über. Dieser ist jedoch nach § 57a ZVG berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Vorschrift gibt dem Ersteher damit die Möglichkeit, ein von den vertraglich vorgesehenen Kündigungsfristen unabhängiges Kündigungsrecht auszuüben. Das Vorliegen eines Kündigungsgrundes ist zwar gleichwohl erforderlich. Dieses Erfordernis wird jedoch primär bei Mietverhältnissen über Wohnraum relevant. Schließlich können andere Mietverhältnisse nach § 542 BGB grundsätzlich ohne das Vorliegen eines bestimmten Kündigungsgrundes bzw. eines berechtigten Interesses gekündigt werden.
Damit kann der Ersteher auch einen befristeten Mietvertrag, der z.B. über eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen wurde, mit gesetzlicher Frist kündigen, die sich im Falle der Anmietung von Dach- und Freiflächen aus § 580a BGB ergibt. Hiernach können Mietverträge über Dachflächen § 580a Abs. 1 Nr. 3 BGB am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats gekündigt werden, Mietverträge über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, so wie dies bei Mietverträgen über Freiflächen zum Betrieb einer PV-Anlage der Fall ist, nur zum Ablauf eines Kalendervierteljahrs. Dementsprechend könnte durch die Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechtes mit gesetzlicher Frist gemäß § 57a ZVG im schlimmsten Fall eine Laufzeit von 20 Jahren mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils fünf Jahren auf drei Monate verkürzt werden, was dem Nutzer jegliche Planungssicherheit nehmen würde.
Entsprechendes gilt in einem Insolvenzverfahren gemäß § 111 InsO.
Bei Zahlungsunwilligkeit und -unfähigkeit ist damit der Bestand des Mietvertrages gefährdet.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, zugunsten des Nutzers als Berechtigtem eine erstrangige beschränkte persönliche Dienstbarkeit in Abteilung II des Grundbuches des Grundstückseigentümers eintragen zu lassen. Hierbei handelt es sich um ein dingliches Recht insbesondere zur Nutzung des Grundstücks. Die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit nach § BGB § 1090 dient dabei häufig nur als dingliche Sicherheit für das durch einen Mietvertrag begründete schuldrechtliche Nutzungsrecht (BGH NJW-RR 2011, S. 882 Rn. 16.) Dieses besteht unabhängig von dem abgeschlossenen Mietvertrag fort und sichert das Nutzungsrecht bis zum Ablauf der Nutzungszeit.
Sobald eine erstrangige beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist, scheidet auch ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb des Grundstücks im Sinne von § 892 BGB aus. Damit ist ein Verkauf ohne die Dienstbarkeit ausgeschlossen.
Ausnahme bei öffentlich-rechtlichen Vermietern?
Bei öffentlich-rechtlichen Vermietern besteht jedoch eine Besonderheit. So erhalten nach § 3 Absatz 2 der Grundbuchordnung Grundstücke des Bundes, der Länder, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände, der Kirchen, Klöster und Schulen, die Wasserläufe, die öffentlichen Wege, sowie die Grundstücke, welche einem dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnunternehmen gewidmet sind, ein Grundbuchblatt nur auf Antrag des Eigentümers oder eines Berechtigten.
Solange für diese kein Grundbuch existiert, kann dort auch keine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen werden.
Aber benötigt man beispielsweise bei Gemeinden überhaupt eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zur Absicherung des Nutzungsrechtes?
Wie oben aufgezeigt ist die beschränkte persönliche Dienstbarkeit primär dafür wichtig, um bei Zwangsversteigerungen oder Veräußerungen aus der Insolvenz das vertraglich auf eine oft lange Laufzeit eingeräumte Nutzungsrecht aus dem Mietvertrag nicht durch eine vorzeitige außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist nach § 57a ZVG bzw. § 111 InsO zu verlieren. Dieses Risiko besteht jedoch bei kommunalen Verpächtern wie z.B. Gemeinden nicht. Nach § 12 Absatz 1 InsO ist hier ein Insolvenzverfahren unzulässig und somit ausgeschlossen. Auch im Falle der zwangsweisen Durchsetzung von Forderungen wird eine Zwangsversteigerung nicht erforderlich sein, da das Geld entweder direkt vorhanden ist, oder beschafft werden muss. Vor diesem Hintergrund kann bei kommunalen Verpächtern auf die Eintragung einer Dienstbarkeit verzichtet werden.
Aber was passiert, wenn die Gemeinde ihr Grundstück an einen privatwirtschaftlichen Erwerber verkaufen sollte? Bei diesem besteht wieder das Risiko des Verlusts des Nutzungsrechtes durch außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist nach § 57a ZVG bzw. 111 InsO. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, auf eine Vereinbarung hinzuwirken, vermöge derer im Falle der Veräußerung des Grundstücks an einen privatwirtschaftlichen Erwerber zugunsten des Mieters eine erstrangige beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen wird, deren Inhalt bereits im Vorfeld festgelegt werden sollte.
Fazit
Bei privatwirtschaftlichen Vermietern ist es wichtig, das Nutzungsrecht aus dem Mietvertrag über Dach- oder Freiflächen mit einer erstrangigen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit abzusichern.
Bei kommunalen Vermietern ist dies zwar auch möglich, aber nicht unbedingt erforderlich. Wichtig ist lediglich, bereits im Vorfeld auf eine entsprechende Regelung hinzuwirken, vermöge derer im Falle der Veräußerung des Grundstücks an einen privatwirtschaftlichen Erwerber für den Mieter eine erstrangige beschränkte persönliche Dienstbarkeit mit bereits im Vorfeld abgestimmtem Inhalt im Grundbuch eingetragen wird.
Wenn Sie einen Mietvertrag über Aufdach- oder Freiflächen zur Nutzung von PV-Anlagen abschließen und dessen Inhalt überprüfen lassen wollen oder einen Mietvertrag mit einer Kommune abschließen wollen und eine rechtssichere Regelung für den Fall eines Verkaufs des vermieteten Grundstücks an einen privatwirtschaftlichen Erwerber vereinbaren wollen, dass sprechen Sie uns gerne an. Mit unserer langjährigen Expertise im Bereich der erneuerbaren Energien helfen wir Ihnen dabei, rechtssichere Photovoltaikinvestments zu tätigen.